Weihnachtswünsche
Die Welt des Spielzeugs um die Jahrhundertwende
19.11.2017 bis 04.02.2018
Wen fasziniert sie nicht, die Welt der Großen im Kleinen? In der Biedermeierzeit wurde sie erstmals detailgetreu nachgebildet. Es war die Zeit, als die besser gestellten Bürgerkinder eigene Spielzimmer bekamen - was zuvor unüblich war - und zu Weihnachten reich mit Spielzeug beschenkt wurden.
Das St. Annen-Museum besitzt eine kleine, vielseitige Spielzeugsammlung, die vor allem auf Schenkungen beruht. Hier sind so manche Schätze zu heben, die die kulturgeschichtliche Sammlung des Hauses abrunden und den Blick auch auf diese Thematik zu lenken vermögen.
Zusammen mit der höchst qualitätvollen Spielzeug- und Puppensammlung von Sieglinde und Uwe Müller-Albrecht versetzen die Exponate den Besucher in eine romantische Weihnachtswelt.
Vom „Wünschen“ über das „Warten“ in der spannenden Adventszeit bis zum „Wundern“ am festlichen Heiligen Abend unter dem Tannenbaum vermittelt diese Ausstellung etwas von dem Glanz der bürgerlichen Weihnachtszeit früherer Tage.
Das Spielzeug war dem gesellschaftlichen Rollenverständnis untergeordnet. Für die Mädchen gab es deshalb alles rund um ihre spätere Aufgabe als Mutter und Hausfrau, während Jungen gerne auf ihre Rolle als Bauherren oder Soldaten vorbereitet wurden: etwa Puppen mit sämtlichem Zubehör, Ankerbaukästen, Zinnsoldaten oder Steckenpferde mit Säbeln.
Darüber hinaus entstanden spätestens zu dieser Zeit auch heute noch beliebte Brettspiele wie „Mensch Ärgere Dich nicht“ und Kartenspiele. Bilderbücher weckten die Vorstellungen einer heilen Welt.
All dies galt jedoch lediglich für die Bürgerkinder, während Arbeiterkinder nicht selten bereits in frühen Jahren in Heimarbeit solche Spielzeuge herstellen mussten. Sie selbst besaßen weder Kinderzimmer noch Spielzeug, an eine unbeschwerte Kindheit war für sie nicht zu denken.
Das Bild des Kindes, das in seiner Entwicklung gefördert werden muss, wurde seit dem späten 18. und im 19. Jahrhundert geprägt - von Reformpädagogen wie Pestalozzi oder Rousseau mit seinem berühmten Roman „Emile oder über die Erziehung“. Neue, menschenfreundlichere Erziehungsvorstellungen lösten die oft brutale und rein auf Drill beruhende „schwarze Pädagogik“ ab.
Dazu gehören Ensembles mit zahlreichen kleinen, manchmal winzigen Zubehörteilen zu den großen Themen wie etwa Schlafen, Baden, Kochen, Speisen und Nähen ebenso wie die Puppenküche der Familie Mann, Schiffe, Bilderbücher, Brettspiele und Papiertheater, die um die Jahrhundertwende gerade zu Weihnachten von der ganzen Familie bespielt wurden. Ein wandhoher Adventskalender scheint täglich einen neuen Wunsch zu befördern oder zu erfüllen. Präsentiert werden auch seltenere Stücke wie eine Zinnkarawane, einen Globus, ein Segelschiff oder alte Sportgeräte.
Neben einem Begleitheft zur Ausstellung und einem interaktiven Kinderheft wird im Rahmenprogramm der Bogen zur heutigen Zeit geschlagen: Welchen Wert hatte Spielzeug damals, welchen hat es heute? Und wie unterscheidet es sich im Laufe der Zeit? Womit haben arme Kinder gespielt, womit reiche? Dazu gehören neben klassischen Führungen auch Gespräche mit den Sammlern in der Ausstellung, ebenso wie Workshops für Kinder. Gemeinsam mit einem breiten Angebot im Museumsshop und kulinarischen Köstlichkeiten im Museumsbistro können Sie sich von der Weihnachtswelt St. Annen verzaubern lassen.
Die Ausstellung ist eine Teamleistung des St. Annen-Museums und der Museumsdidaktik. Ein großer Dank geht an die Sammler Sieglinde und Uwe Müller-Albrecht, die Possehl-Stiftung, der Stiftung Frau und Kultur, gemeinnützige Sparkassen-Stiftung und die Michael-Haukohl-Stiftung.
Wiegeschaukel um 1900
klappbarer Puppenhochstuhl, Frankreich 1895
Fedor Flinzer (Illustration), Victor Blüthgen (Text)
Korbwagen um 1900
Paravent aus Papiermaché, England um 1890
Elefant aus Papiermaché, Sonneberg 2. Hälfte 19. Jhd.
mit Puppenreisekleiderschrank
Puppenwagen, England um 1890