Stroh, kostbar wie Gold
Lübecker Strohmarketerien des 18. Jahrhunderts
22.07.2017 bis 08.10.2017
Stroh – ein so billiges Material, soll kostbar sein wie Gold? Das hört sich nach einem Märchen an! Und doch, im St. Annen-Museum wird der Beweis erbracht: Ein Lübecker namens Carl Hinrich Hering konnte um 1700 mit einfachen Strohhalmen so wunderschön verzierte Kästchen und Dosen herstellen, dass sie als Liebesgaben begehrt waren und als Kuriosa fürstliche Kunst- und Wunderkammern bereicherten. Der goldene Schimmer der polierten Halme und die wie Edelstein wirkenden, eingefärbten Strohplättchen machten diese Lübecker Spezialität berühmt. Doch nur wenige Werke aus der Lübecker Hering-Werkstatt sind heute noch weltweit erhalten.
Ein gutes Dutzend solcher Arbeiten aber in Form kleiner Dosen und größerer Schatullen, Bildtafeln und Schmuckkästchen besitzt allein das St. Annen-Museum. Dass diese hochempfindlichen Werke nun aus dem Depot ans Licht der Öffentlichkeit geholt werden, hat einen ganz besonderen Anlass: Die Neuerwerbung eines spektakulären Kabinettschränkchens, das mit 13 bildlichen Szenen von Liebespaaren und Tugenden, ganz filigran aus gebügelten Strohhalmen geschnitten, wie mit Furnier belegt ist. Carl Hinrich Hering hat es 1712 signiert und datiert. Der Verein der Freunde der Museen für Kunst und Kulturgeschichte der Hansestadt Lübeck hat dieses Meisterwerk für das Museum erworben und damit an seinen Entstehungsort zurückgeführt. Im Rahmen dieser Präsentation erfolgt die feierliche Übergabe an das St. Annen-Museum.
Damit der goldene Schimmer wieder erfahrbar werden konnte, haben eigens Studierende der Potsdamer Fachhochschule für Restaurierung die Museumsobjekte gereinigt und ihre zarte Strohmarketerie gesichert. Ihre Ergebnisse und ein Werkverzeichnis C. H. Herings werden in einer reich bebilderten Publikation dokumentiert.