In den 1920er Jahren entsteht in den nordischen Ländern, auch als Reaktion auf das Bauhaus, den Deutschen Werkbund und das Neue Frankfurt, eine sehr eigenständige Interpretation des Funktionalismus. Nicht die avantgardistisch-künstlerische Form steht im Vordergrund für Architektur und Wohnen, sondern die maßgeschneiderte Lösung für eine Aufgabe, die das Wohlbefinden der Menschen als wichtigen Faktor anerkennt. Anders als in Deutschland bleibt der Funktionalismus daher im Norden nicht Avantgarde. Er verbindet sich mit nationalen Besonderheiten des jeweiligen Landes und wird zur identitätsstiftenden Konstante der nordischen Nationen.
In Schweden löste 1930 die große Stockholmer Ausstellung des Schwedischen Kunstgewerbeverbands eine heftige Debatte zwischen Funktionalisten (Funkis) und Traditionalisten (Tradis) aus. Über 4 Millionen Besucher sahen die Schau. So trug sie maßgeblich zum Durchbruch der Moderne, auch in den anderen nordischen Ländern, bei.
Der Kritik vieler Schweden am Funktionalismus begegneten die Organisatoren der Stockholmer Ausstellung mit dem Manifest Acceptera. Diese führte zu einer Überarbeitung des Konzepts und zur Stilrichtung Swedish Modern.
Charakteristisch für Swedish Modern sind natürliche Materialien, organische Formen und leichte, meist industriell gefertigte Konstruktionen. Sie sollten eine ergonomische und multifunktionale Nutzung sicherstellen und günstige Preise bieten. Es wurden beispielsweise Möbel zum selbst zusammenbauen verkauft.
„Schönheit für alle“ wurde auch zum Credo der ab 1932 regierenden Sozialdemokraten in Schweden, die einen Wohlfahrtsstaat aufbauen wollten. Der Slogan wurde nach den Schriften der Sozialreformerin Ellen Key zur Grundlage des schwedischen Designs, das staatlich gefördert und populär beworben wurde.
Möbel und Gebrauchsgegenstände zu bezahlbaren Preisen verkaufte ab 1943 auch IKEA und machte die funktionellen Konzepte nach dem Zweiten Weltkrieg zum Exportschlager, besonders in Deutschland.
Die singulären Lebensbedingungen zwischen Mittsommer- und Polarnächten, aber auch die Schroffheit der Natur inspirieren finnische Gestaltungskonzepte wie die des Designers und Architekten Alvar Aalto und seiner Frau und Büropartnerin Aino Aalto. Ihre funktionalistischen und organischen Gestaltungslösungen werden zur Grundlage des Wegs der Moderne in Finnland.
Das erste große Projekt von Aino und Alvar Aalto war das Tuberkulose-Sanatorium in Paimio. Sie waren für die Architektur und die komplette Innenausstattung verantwortlich und verbanden hier wie auch in späteren Bauten eine eigene Interpretation des Funktionalismus mit einer organischen Formensprache und der Nutzung natürlicher Materialien. Mit ihren Bauten überzeugten sie auch über die Landesgrenzen hinaus. So baute Alvar Aalto beispielsweise auch in Berlin.
Die Glasproduktion ist einer der international renommiertesten Industriezweige Finnlands. Geometrische Formen und starke Farben bestimmen die Entwürfe, die nach dem Zweiten Weltkrieg auch den internationalen Markt erobern. So arbeiteten Nanny Still und Tapio Wirkkala auch für Murano und Rosenthal.
Der Architekt Kaare Klint gilt als Vater des dänischen Designs. Anders als die Bauhaus-Designer lehnte er traditionelle Entwürfe nicht kategorisch ab, sondern baute auf den Erkenntnissen auf. Wichtig waren ihm eine an menschlichen Proportionen orientierte ergonomische Form, edles Material und gute handwerkliche Verarbeitung.
Damit schuf Klint die Grundlage der dänischen Möbelschule und plädierte für einen handwerklich fundierten Funktionalismus. 1924 gründete er an der Akademie der Schönen Künste in Kopenhagen die neue Abteilung für Möbelkunst und Raumausstattung, später wurde er Professor für Architektur.
Die Mitglieder der Tischlerinnung in Kopenhagen arbeiteten ab den 1930er Jahren mit den Funktionalisten der Klint-Schule zusammen. Es wurden Wettbewerbe ins Leben gerufen und Ausstellungen organisiert. Schließlich waren es begeisterte amerikanische Journalisten, die die dänischen Möbel 1949 nach einem Ausstellungsbesuch international bekannt machten.
Das Studium historischer Vorbilder war fester Bestandteil der Lehre von Kaare Klint. Dieser Tradition folgend wurden auch Ideen und Formen der deutschen Moderne aufgegriffen, aber für die Stilrichtung Danish Modern konsequent und elegant überarbeitet. Dies zeigt sich zum Beispiel im Einsatz geometrischer Elemente in Kombination mit organischen Formen und weichem Leder wie beim berühmten Egg Chair von Arne Jacobsen, einem Schüler von Kaare Klint.
Die 1960er Jahre brachten Befreiung in vielerlei Hinsicht. Pop-Art und Pop-Musik ebenso wie eine neue Mode gelten als ihr Ausdruck. Dies spiegelte sich auch im Möbeldesign wider. Dank der Entwicklung von Kunst- und Schaumstoffen taten sich neue Gestaltungsmöglichkeiten auf. Verner Panton brach komplett mit der handwerklichen Tradition Dänemarks und interessierte sich für die Gestaltung ganzer Räume. Die skulpturalen Formen und knalligen Farben seiner Möbel, wie dem Sitting Wheel oder dem Panton-Chair, machten ihn international bekannt.
Stahlrohre, Schaumstoffe und Bezüge sind so weiterentwickelt worden, dass Formen kreiert werden konnten, die noch ein paar Jahre vorher undenkbar gewesen wären. Der finnische Designer Eero Aarnio experimentierte mit der neuen Form- und Farbpalette. Seine außergewöhnlichen Sitzobjekte visualisieren die Begeisterung der 1960er und 70er Jahre für Raumfahrt und Science-Fiction. Die poppigen Entwürfe der Designer Verner Panton und Eero Aarnio stehen für den endgültigen Bruch mit dem Funktionalismus.
Die Bedürfnisse von Kindern wurden parallel zur Entwicklung reformpädagogischer Ansätze im 20. Jahrhundert zu bestimmenden Faktoren für das Design. Spielzeug sollte hochwertig, schön und einfach sein. Die Holzfiguren von Kay Bojesen spiegeln diese Forderung wider: Sie sind robust, beweglich und bunt.
Erstmals wurde auch auf die besonderen Bedürfnisse von Kindern in der Möbelindustrie Rücksicht genommen und es entstanden „Möbel zum Mitwachsen“. Der millionenfach verkaufte Tripp Trapp des Norwegers Peter Opsvik ermöglicht Kindern das problemlose Sitzen am Tisch und integriert sie so in den familiären Alltag.
Peter Opsvik gilt als führender Vertreter des ergonomischen Designs. Ausgehend von der Prämisse, dass ein Sitzmöbel unterschiedlichste Bewegungen und Sitzpositionen ermöglichen soll, schuf er besondere Sitzmöbel gerade für den Arbeitsbereich. Sie zeigen, wie seit den 1980er Jahren moderne Lebens- und Arbeitswelten nach ergonomischen Gesichtspunkten gestaltet wurden.
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D.T.: „Nordic Design“ macht die Gemeinsamkeiten aber auch die unterschiedlichen Schwerpunkte der skandinavischen Länder hinsichtlich des Möbeldesigns deutlich. Es sind die Ergebnisse der direkten Auseinandersetzung mit dem deutschen Design, das in Folge der Industrialisierung und des Ersten Weltkriegs ganz neue Wege geht und in dem das Credo „form follows function“ eine zentrale Rolle spielt. Wie bringen Sie den „Funktionalismus“ auf den Punkt?
T.H.: Funktionalistische Gestaltung geht von der Funktion eines Objekts aus und sucht dafür eine Form. Seit der Mensch über Gestaltung nachdenkt, ist der funktionalistische Ansatz einer der beiden Spielarten, Objekte zu entwerfen. Sein Antipode ist der formalistische Ansatz. Dabei steht die ausgefallene Form im Vordergrund, dem sich die Funktion unterordnen muss. In der Entwicklung des Designs spielen beide Ansätze eine große Rolle und halten sich gegenseitig in der Waagschale. Meist kommen beide Ansätze in einem Objekt zum Tragen.
D.T.: Im Titel wird explizit das Bauhaus als Inspirationsquelle für nordische Architektur und das Design genannt. Wie verhält es sich mit dem Deutschen Werkbund und der Initiative Neues Frankfurt?
T.H.: Es sind vor allem drei Ereignisse in der zweiten Hälfte der 1920er Jahre in Deutschland, die in den nordischen Ländern als etwas revolutionär Neues wahrgenommen werden. Das ist 1926 die Eröffnung des neugebauten Schulgebäudes für das Bauhaus in Dessau, das ist die Werkbundausstellung 1927 in Stuttgart und das ist der CIAM-Kongress 1929 in Frankfurt, der das Projekt „Das neue Frankfurt“ international bekannt macht. Wie heute die Biennale in Venedig oder die Documenta in Kassel waren Stuttgart 1927 und Frankfurt 1929 international wahrgenommene, zeitlich befristete Events. Da musste man hin, wenn man auf dem Laufenden sein wollte. Das Bauhaus wurde als interessantes Schulprojekt gesehen, das man bei einem Deutschlandbesuch auch einmal aufsuchen sollte. Die anderen beiden Events jedoch waren ein Stelldichein der europäischen Avantgarde, bei dem auch die nordischen Architekten, Designer und Theoretiker nicht fehlen wollten. Für die internationale Rezeption der deutschen Moderne in den 1920er Jahren waren deshalb die Projekte in Stuttgart und Frankfurt wesentlich nachhaltiger als das Bauhaus.
D.T.: Für die ersten Schritte des skandinavischen Wegs in die Moderne war die Stockholmer Ausstellung 1930 von großer Bedeutung. Die Ausstellung hat ja mit über 4 Millionen Besuchern einen fulminanten Erfolg verbucht und geradezu einen Kunstgewerbekrieg zwischen Traditionalisten und Funktionalisten heraufbeschworen, dem die Protagonisten der Ausstellung mit dem Manifest „Acceptera“ begegnet sind. Und schließlich hatte sie Einfluss auf die Ausbildung des schwedischen Wohlfahrtsstaates ab 1932 bis in die 60er Jahre hinein, dem es ebenfalls um „Democratic Design“ und um „Schönheit für alle“ ging. Warum?
T.H.: Stockholm 1930 greift die Idee von Stuttgart 1927 auf, der Moderne mit einem Paukenschlag, mit einer Ausstellung die Architektur und Design verbindet, zum Durchbruch zu verhelfen. Wie in Stuttgart wird deshalb ein eigenes Stadtviertel errichtet und die modernen Musterhäuser modern ausgestattet. Besonders an der Ausstellung war auch die Lage in der Bucht (zwischen Wasser und Wald) und das vielfältige Veranstaltungsprogramm -Ideen der Stuttgarter Ausstellung wurden aufgegriffen und in einem „Stockholm-Fest“ den Schweden und der Welt präsentiert. Es sollte nicht nur um Funktion gehen, sondern auch Schönheit und Festlichkeit transportieren.
D.T.: Wenn wir an skandinavisches Möbeldesign denken, assoziieren wir sofort IKEA. Warum ist die Marke so erfolgreich geworden und welche Beziehung hat sie zum Funktionalismus?
T.H.: Seit der Gründung des Deutschen Werkbundes war die Idee, gute Gestaltung für die breite Masse anzubieten, immer ein wichtiger Ansatz im deutschen Design und eng verbunden mit dem Begriff Funktionalismus. Deshalb suchen die deutschen Designer schon früh die Zusammenarbeit mit der Industrie, weil man die Serienfertigung als Möglichkeit zur günstigen Produktion erkannt hatte. Letztendlich bleib das in Deutschland jedoch Utopie und das Design immer Avantgarde. In den nordischen Ländern ist das nordische Design zum nationalen Kulturgut geworden – ist ein Verständnis für gute Gestaltung tatsächlich in der Bevölkerung angekommen. Das ist eine der Grundbedingungen für den Erfolg von IKEA, die seit den 1950er Jahren gute Gestaltung günstig produzieren und mit ihren Objekten tatsächlich die breite Masse erreichen und bedienen.
D.T.: Alvar und Aino Aalto zählen zu den Pionieren der finnischen Gestaltung. Sagen Sie uns etwas über die großen Bauprojekte, zu denen ja vor allem Paimio zählt?
T.H.: Das Tuberkulose-Lungensanatorium in Paimio ist der Initialbau der Moderne in Finnland. Es ist architekturhistorisch, designhistorisch, sozialhistorisch aber auch medizinhistorisch einer der wichtigsten Bauten in Europa. Die Aaltos hatte 1929 den CIAM-Kongress in Frankfurt besucht und kombinieren in ihrem ersten Meisterwerk die Einflüsse der deutschen Moderne mit finnischen Traditionen. Die Architektin Aino Aalto arbeitete hier schon sehr früh als gleichberechtigte Büropartnerin ihres Mannes – auch dies ist eine Besonderheit des Nordens.
D.T.: Wegweisend für Leben und Design ist in Finnland, das erst 1917 von Russland unabhängig wurde, das besondere Verhältnis zur Natur. Rund 5,5 Millionen Finnen leben auf einer Fläche so groß wie die Bundesrepublik Deutschland. Sie teilen sich diese mit 85 Prozent Waldfläche und rund 190.000 Seen. Wie spiegelt sich dies im Design?
T.H.: Das spiegelt sich zum einen im Material Holz fürs Möbeldesign wider. Die Aaltos waren begeistert von den deutschen Entwürfen – vor allem von den Stahlrohrfreischwingern. Da aber Stahlverarbeitung in Finnland schwierig war, verwendeten Sie gebogenes Schichtholz für ihre Freischwingerentwürfe. Allgemein kann man sagen, dass der in Deutschland so beliebte rechte Winkel und die geometrischen Grundformen im finnischen Design fehlen und man sich eher an organischen Formen aus der Natur orientiert.
D.T.: In Finnland hatte daneben die Glasproduktion eine wichtige Stellung.
T.H.: Beim Glas sind die Finnen ganz stark. Und hier zeigt sich ein weiteres Charakteristikum des finnischen Designs: die Lust auf Licht und Farbe. Denken wir an das deutsche Rauchglas der 1950er Jahre – wieviel mehr Sinnlichkeit steckt da in den farbigen Glasentwürfen von Tapio Wirkkala oder Kaj Frank!
D.T.: Spannend ist in diesem Zusammenhang ja auch, dass der Einfluss nicht nur von Deutschland nach Skadinavien ging, sondern auch umgekehrt Tapio Wirkkala und Nanny Still beispielsweise für Rosenthal gearbeitet haben.Schauen wir in ein weiteres wichtiges Land für nordisches Design: Dänemark. Wie verhalten sich Funktionalismus und Hygge zueinander?
T.H.: Die Dänen interpretieren schlicht den Funktionalismus anders. Die Bequemlichkeit eines Möbels und sein Beitrag für die gemütliche Stimmung eines Raumes werden als grundsätzliche Funktion eines Möbels definiert. Für die Dänen gibt es keinen Funktionalismus ohne Hygge.
D.T.: Wir denken an die international gefeierten Vertreter wie etwa Kaare Klint, Hans J. Wegner oder Arne Jacobsen. Was macht das dänische Design im Verhältnis zum schwedischen und finnischen aus?
T.H.: Die Schweden und die Finnen sind von der deutschen Moderne begeistert und versuchen deren Ergebnisse zu adaptieren und sie eigenständig weiterzuentwickeln, indem sie sie mit ihren nationalen Traditionen verschmelzen. Die Dänen – und hier besonders die Richtung von Kaare Klint, Hans Wegner und Finn Juhl – lehnen den deutschen Weg ab. Der in Deutschland praktizierten Zusammenarbeit mit der Industrie wird die konsequente Förderung des Handwerks entgegengestellt. Bei diesen Entwerfern findet sich kein Stahlrohr, das als kaltes industrielles Material verpönt war. Arne Jacobson bricht dann mit dieser Tradition, indem er bei seinen Möbeln doch mit Stahl arbeitet und mit industrieller Serienfertigung experimentiert.
D.T.: Und dann kommen die wilden 60er Jahre, die auf allen Ebenen Neues schaffen, bis hin zur Raumfahrt. „Ein Stuhl ist ein Stuhl ist ein Stuhl, aber ein Sitz kann alles Mögliche sein“. Damit sind wir bei Eero Aarnio und Verner Panton. Würden Sie Panton als Fortentwickler des Funktionalismus bezeichnen oder eher als jemanden, der mit allem bricht?
T.H.: Panton erkennt schnell, dass er um einen eigenen Weg gehen zu können, Dänemark verlassen muss. Die Sprache der dänischen Gestaltung ist so dominant, dass sie für einen jungen Designer wenig Spielraum für Experimente lässt. Und Panton, beeinflusst von den Kunstströmungen der 60er Jahre, Op Art und Pop Art, wollte experimentieren. Die Freiheit für seine Entwürfe findet er bezeichnenderweise im deutsch-schweizer Grenzgebiet. Von Funktionalismus würde ich bei Panton nicht sprechen, aber es steckt doch viel dänisches Design in seinen Entwürfen.
D.T.: Nordisches Design bezieht sich auf alle alltäglichen Produkte und Möbel. Auch auf Kindermöbel und Spielzeug. Die Schwedin Ellen Key, die bereits 1899 „Schönheit für alle“ forderte und sich mit ihrer Schrift „Das Jahrhundert des Kindes“ 1909 sehr für ein neues Kinder- und Erziehungsbild eingesetzt hat, hat hier mit den reformpädagogischen Ansätzen einmal mehr den Boden bereitet für eine kindgerechte Umwelt. Was ist hier charakteristisch?
T.H.: Ausgehend von Ellen Key entwickelt sich in den Nordischen Ländern schon ab 1900 ein Verständnis von Kindheit, das sich gerade von den deutschen Positionen elementar unterscheidet. Kindgerechte Architektur und kindgerechtes Design folgten aus einer intensiven Hinterfragung der tatsächlichen Bedürfnisse der Kinder. Volvo entwickelte den ersten Kindersitz fürs Auto und Schweden führte schon in den 1970er Jahren die Elternzeit für Väter ein. Pipi Langstrumpf – das vielleicht prominenteste nordische Kind – steht für die Entwicklung der Individualität eines jungen Menschen, die in den nordischen Ländern als gesellschaftliche Aufgabe verstanden wird.
D.T.: Neben den Kindermöbeln zum Mitwachsen spielen auch Sitzmöbel für die Arbeitswelt eine Rolle. Wir zeigen ergonomische Sitzgelegenheiten des Norwegers Peter Opsvik, der von dem grundsätzlichen Bewegungsdrang des Menschen ausgeht. Was zeichnet diese aus?
T.H.: Opsvik ist für mich die Quintessenz der Ausstellung. In Norwegen als Designer ausgebildet, kommt er 1970 nach Deutschland. Hier lernt er ergonomische Theorien kennen, die an der HfG Ulm entwickelt wurden. Die HfG Ulm ist eine der Nachfolgeschulen des Bauhauses. In seinem Design kombiniert er die Ergonomie mit dem nordischen Design und entwickelt Sitzobjekte, die nun tatsächlich ausschließlich von der Funktion ausgehen. Opsvik analysiert das Sitzen und findet dann die geeignete Form dafür. Das ist nordischer Funktionalismus in Perfektion.
D.T.: Ich danke für dieses Interview, dass wir eigentlich live während der Eröffnung führen wollten, und hoffe, die Ausstellung wird in Lübeck ebenso erfolgreich wie in Berlin.
Grußwort des dänischen Honorarkonsuls Carsten Bliddal
Guten Tag, meine Damen und Herren,
wie schön, dass unsere Museen wieder geöffnet sind und wir wieder Zugang zu Kunst und Kultur haben. Als in Lübeck wirkender dänischer Honorarkonsul habe ich die Ausstellungsvorbereitungen mitverfolgt und es war mir eine große Freude, als Inhaber des Möbelhauses skanbo – natürliche Wohnkultur-, auch einige Exponate beisteuern zu dürfen.
Mit nordischem Design habe ich von Kindesbeinen an in meiner Familie gelebt und erlebe es auch jetzt sowohl bei mir zuhause als auch in der Auswahl der Möbel in meinem Geschäft täglich. Viele der Designerstücke werden noch heute produziert und sind schon durch meine Hände gegangen. Es ist mir immer wieder eine Freude, diese wohldurchdachten Möbel und Lampen anzuschauen und sich mit ihrem Ursprung und den Ideen der Designer auseinanderzusetzen. Kaare Klint, Finn Juhl, Arne Jacobsen und Poul Henningsen schufen Möbelentwürfe, die bis heute als Klassiker beliebt sind.
Wir Dänen lieben diese Objekte und wenn man in Dänemark durch die Siedlung von Strandhäusern geht oder beim Spaziergang in der Stadt Gelegenheit hat, durch die Fenster zu schauen, sieht man eigentlich überall Stelton Kaffeekannen, die Lampe PH5 und Sessel, Sofas und Stühle von Børge Mogensen. Es ist Design von gestern für heute und morgen und ich freue mich, dass in dieser Ausstellung ein Schlaglicht auf das nordische Design geworfen wird. Ich freue mich sehr über die Ausstellung, die eine Auswahl der genannten Möbel zeigt!
Ihr Carsten Bliddal