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Das große Fest - Danziger Textilschätze II

Das St. Annen-Museum beherbergt einen besonderen Schatz: die Danziger Paramente. Paramente sind kostbarste Gewänder und Textilien für die Benutzung bei Gottesdiensten und Prozessionen der Kirche. Feinste Stickereien mit purem Gold und hochwertige Seiden zeigen ihre Bedeutung.

Mit 100 Objekten befindet sich rund die Hälfte des berühmten Danziger Textilschatzes als Dauerleihgabe seit 1990 im St. Annen-Museum. Daneben gehören dem Museum Paramente aus Lübecker Kirchen, die zusammen mit Stücken aus dem Schatz der Danziger Marienkirche in wechselnder Auswahl gezeigt werden.

"Das große Fest" ist die zweite Ausstellung frisch restaurierter Paramente. Aufgrund strengster konservatorischer Bedingungen werden die Objekte in regelmäßigen Abständen ausgetauscht.

Entdecken Sie die Gewänder der Ausstellung in allen Details:

Chormantel aus grünem Samt mit Granatapfelmuster aus dem Danziger Paramentenschatz, Seidensamt: Italien (Florenz?), um 1450-60, Stickerei: Frankreich (?), nach 1460, Dauerleihgabe der Union Evangelischer Kirchen in der EKD (UEK), Hannover, Inv. Nr. M 25

Dalmatik aus Granatapfelsamt und Seidengewebe aus dem Bestand des
St. Annen-Museums, Seidensamt: Italien, 3. Viertel 15. Jahrhundert, Seide (Lampas): 1. Viertel 15. Jahrhundert, vor 1848 überwiesen aus dem Dom zu Lübeck, Inv. Nr. 97b

Ursprünglich reichten Dalmatiken bis zu den Füßen. Im Laufe des Mittelalters reduzierte man ihre Länge. Schlitze an den Seiten und später auch an den Ärmeln trugen des Weiteren zu mehr Bewegungsfreiheit bei. Wie auch bei diesem Gewand hielten dann Kordeln an den Seiten und Ärmeln die Stoffe beim Tragen dekorativ zusammen.
Das Gewand besteht in der Fläche aus grünem Samt mit Granatapfelmuster, wie es für venezianische Samte aus dem 3. Viertel des 15. Jahrhunderts typisch ist. Zwischen die Samtbahnen sind rosafarbene Zierstreifen eines älteren, kostbaren Gewebes eingefügt.
Die rosafarbenen Zierstreifen zwischen dem Samtgewebe sind goldbroschiert und weisen verschiedene Motive auf wie etwa einen ruhenden Löwen in einem Gatter, von Strahlenbündeln umgebene Rosetten sowie Blätter und Blüten. Der Stoff ist ein musterhaftes Beispiel des Ideenreichtums der hochqualifizierten Werkstätten von Lucca zu Beginn des 15. Jahrhunderts.
Diese Kasel ist aus kostbarem Goldsamt gearbeitet. Durch die unterschiedlichen Höhen des leuchtend roten Flors wurden raffinierte Lichteffekte erzielt. Noch gesteigert werden sie durch die üppige Goldausstattung des Gewebes in den Ranken und Granatapfelmotiven. Reihen von Goldschlaufen bereichern zusätzlich den Dekor.
In der Komposition schwingt eine große Ranke nach rechts und nach links aus. Dazwischen stehen fünfpassige Granatapfelmotive mit stilisierten Distelblüten, die eine detailreich ausgestattete Ranke bekrönen. Im Kontrast zu diesen zierlichen Gebilden erscheint der breite Rankenstamm. Fast ganzflächig aus Goldfäden gebildet, weist er gleichwohl eine feine Binnenzeichnung mit Blüten aus Samt und Goldschlaufen auf. Blattranken, die sich um den Stamm winden, zielen auf eine dreidimensionale Wirkung.
Die große Vorliebe für den glänzenden Samt in leuchtend roter Farbe mit dem aufwendigen Granatapfelmuster geht auf die burgundische Hofmode des 15. Jahrhunderts zurück. Die Kostbarkeit des verwendeten Materials entspricht dabei dem Aufwand, der zur Herstellung des Gewebes nötig war. Auch in der mittelalterlichen Tafelmalerei sind Stoffe dieser Art dargestellt. Sie waren als Kleidung den wichtigsten Personen vorbehalten oder finden sich als Hoheitsformel hinter bedeutenden Heiligen wie Maria oder Anna Selbdritt als Baldachine angebracht.

Kasel aus Goldsamt aus dem Danziger Paramentenschatz, Seidensamt: Italien, 3. Viertel 15. Jahrhundert, Seide: Spanien, 2. Hälfte 15. Jahrhundert, Dauerleihgabe der Union Evangelischer Kirchen in der EKD (UEK), Hannover, Inv. Nr. M 80

Kasel aus Seide, aus dem Bestand des St. Annen-Museums, Seide: Italien (?), Ende 15. Jahrhundert, 1893 überwiesen aus der Lübecker Marienkirche, Inv. Nr. 1893/81

Von den liturgischen Gewändern der Marienkirche haben sich nur wenige Reste aus vorreformatorischer Zeit erhalten. Auch diese Kasel kam erst 1691 als Stiftung des Lübecker Unternehmers Thomas Fredenhagen in die Kirche. 1760 wurde sie umgeschneidert und mit neuen Verzierungen versehen. Sie wurde in dieser Form vermutlich bis 1791 bei hohen Festtagen getragen, denn erst 1791 wurde der Gebrauch von Messgewändern in der Marienkirche abgeschafft. Die Verzierungen, die 1893 bei Eingang in die Sammlung im Museumsinventar beschrieben wurden, wurden wohl bei Restaurierungsarbeiten abgenommen, da nur noch der kostbare Stoff erhalten ist.

Detail eines Blütenmotivs

Das Muster, das in dünnen roten Linien auf dem Goldgrund zu sehen ist, zeigt zwischen dicht verschlungenen Ästen abwechselnd Blüten und drei ineinandergeschlungene Ringe mit spitz zulaufenden Edelsteinen. Da Cosimo de Medici diese heute sogenannten Borromäischen Ringe angelehnt an das Familienwappen der Medici als sein Emblem führte und die Seide aus Norditalien stammt, wurde diese Kasel lange Zeit „Medici-Kasel“ genannt. Da die drei Ringe unlösbar miteinander verbunden sind, können sie als Symbol der Einigkeit, im christlichen Kontext als Zeichen der Trinität gelesen werden.
Diese aus feinem Wollstoff gearbeitete Kasel trägt auf dem Rücken ein Gabelkreuz mit farbigen Stickereien auf Goldgrund. Paramente aus Wollgewebe sind nur selten erhalten, obwohl die meisten Gewänder aus Wolle gearbeitet waren, bevor sich Seidengewebe aus Italien im späten 14. Jahrhundert durchsetzen. Die aufwendigen Besätze bezeugen den großen Wert den man dem Gewand zur Entstehungszeit beigemessen hat.
Die Stickerei stellt Maria, die Patronin der Danziger Hauptpfarrkirche, flankiert von zwei Engeln über den Heiligen Katharina und Dorothea dar. Von Baldachinarchitekturen überfangen sind die Heiligen mit Kronen, Heiligenscheinen und ihren Attributen in Einzelbildern zu sehen. Das Bildfeld von Maria ist das größte. In der rechten Hand hält die Gottesmutter einen Zweig wie ein Zepter. Auf dem anderen Arm trägt sie das nackte Jesuskind mit dem Kreuznimbus, das liebevoll an ihr Kinn fasst.

Heilige Katharina

Mit Heiligenschein und Krone ausgestattet wie Maria hält die heilige Katharina ihre Marterwerkzeuge in den Händen: in ihrer Rechten das Rad, in ihrer Linken das Schwert.

Heilige Dorothea

Im unteren Bildfeld ist die Heilige Dorothea zu sehen. In ihrer verhüllten rechten Hand hält sie einen Korb mit Früchten und Rosen in Anlehnung an ein Wunder, das sie bewirkt haben soll. In der Linken hält sie einen Palmzweig als Zeichen ihres Martyriums.

Trauerkasel mit gesticktem Kreuz aus dem Danziger Paramentenschatz, Seide: Italien, Anfang 15. Jahrhundert, Stickerei: Norddeutschland (Danzig?), 2. Viertel 15. Jahrhundert, Dauerleihgabe der Union Evangelischer Kirchen in der EKD (UEK), Hannover, Inv. Nr. M 85

Chormantelschild aus dem Danziger Paramentenschatz, Seidensamt: Italien, 3. Viertel 15. Jahrhundert, Reliefstickerei: Norddeutschland um 1500, Inv. Nr.  M 28, Dauerleihgabe der Union Evangelischer Kirchen in der EKD (UEK), Hannover, Foto: Thomas Richter

Die Danziger Paramente sind heute von unschätzbarem Wert. Es ist äußerst selten, wie gut sich die Farben der Seiden, der Stickereien, die feinen Samte und auch die Partien aus purem Gold erhalten haben. Bei der Präsentation ausgewählter restaurierter Gewänder aus dem Bestand wird großer Wert auf das Miteinander der Künste gelegt, wie es auch bei mittelalterlichen Kirchenausstattungen der Fall war. So ergibt sich in der Ausstellung der Paramente mit der Architektur, Glasmalerei, Altären und liturgischem Gerät ein schönes und stimmiges Gesamtbild. All diese Komponenten dienten dazu, den Gottesdienst als großes Fest für die Christen zu gestalten.

Zum Bestand der Danziger und Lübecker Paramente im St. Annen-Museum

Der Bestand der Danziger Paramente, der sich im St. Annen-Museum befindet, umfasst circa 100 Nummern und ist Eigentum der Union Evangelischer Kirchen in der Evangelischen Kirche in Deutschland (UEK). In der Sammlung sind prächtige Gewänder wie Chormäntel, Kaseln und Dalmatiken genauso enthalten wie Stolen oder Manipel. Die Gewänder wurden größtenteils im 15. Jahrhundert gefertigt. Die Stoffe stammen zum Teil auch aus dem 14. Jahrhundert. Es handelt sich um kostbarste Seiden aus Italien und Spanien, aber auch alte Stoffe aus dem Iran, Zentralasien oder China wurden verarbeitet. Stickerein wurden wahrscheinlich in Danzig oder anderen nordischen Regionen aufgenäht.

Neben Kleidung, Gewändern und Paramenten des Altars sind auch kleine Kästchen, Beutel und Dosen, Kränze, die man zum Schmücken von Heiligenfiguren verwendete, oder Sargdecken im Bestand erhalten. Die Vielfalt bezeugt den großen Aufwand, den man zur Gestaltung des Gottesdienstes als großes Fest für die Gläubigen und zur Ehre Gottes betrieben hat.

Bestand der Danziger Paramente

Auch im Bestand des St. Annen-Museums befinden sich eine Reihe kirchlicher Gewänder, die in den Kirchen Lübecks aufbewahrt wurden und von dort im 19. Jahrhundert in die Museumssammlung gekommen sind. Von den zahlreichen liturgischen Gewändern aus den Kirchen der Stadt haben sich allerdings nur wenige Stücke aus vorreformatorischer Zeit erhalten. Vieles wurde erst im 17. Jahrhundert für die Kirchen gekauft oder gespendet. Trotz der Einführung der Refomation im Jahre 1530 wurde der Gebrauch der aufwendigen Messgewänder erst 1791 in Lübeck abgeschafft.

In der Ausstellung der Paramente können sowohl Stücke aus dem Danziger Paramentenschatz als auch Gewänder aus dem Bestand des St. Annen-Museums bewundert werden.

Paramente im Museumsbestand
Wie kamen die Danziger Paramente nach Lübeck?

600 Jahre Danziger Paramente - vom 14. Jahrhundert bis 1944

Die Danziger Paramente haben eine lange und bewegte Geschichte hinter sich. Ursprünglich waren sie für die Marienkirche in Danzig angefertigt worden. Wie in den Lübecker Kirchen war die Ausstattung der Marienkirche in der Hansestadt Danzig eng mit Stiftungen reicher Familien und Bruderschaften, in denen sich die Fernkaufleute organisierten, verknüpft. Die ältesten Stücke des Danziger Textilschatzes stammen aus der 1. Hälfte des 14. Jahrhunderts. Bis ins späte 15. Jahrhundert wurde der Bestand immer größer, nach der Reformation sind dagegen nur noch wenige Paramente hinzugekommen. Auch die Kirche selbst erfuhr in dieser Zeitspanne umfassende Erweiterungen in Form von gestifteten Kapellen ausgestattet mit Altären und Bildwerken.

Die Gewänder des Danziger Schatzes spiegeln in ihrer Kostbarkeit den Reichtum und die Vernetzung der hansischen Fernkaufleute. Einige Stücke sind aus asiatischen Seiden gefertigt und mit arabischen Inschriften versehen. Die Stoffe wurden als „Meterware“ importiert und vor Ort kunstvoll zugeschnitten und verarbeitet. Der Großteil wurde aus Stoffen der bedeutenden oberitalienischen Seidenmanufakturen hergestellt. Zu nennen sind vor allem die Werkstätten in Lucca, Florenz, Bologna, Modena, Pisa, Venedig und Genua, exakte Zuordnungen der Gewebe sind allerdings nicht mehr möglich. Die meisten Gewänder sind Lampasgewebe aus Seide, viele weisen einzelne Gold- und Silberfäden auf, einige wenige Muster wurden sogar gänzlich mit Goldfäden, dem sogenannten Häutchengold, gewebt. Auch die schon in der burgundischen Hofmode besonders beliebten Goldsamte mit Granatapfelmuster sind vorhanden.

Nach der Reformation blieben die Gewänder und Paramente in der Marienkirche und wurden auch weiterhin verwendet. Wie in Lübeck wurde der Gebrauch erst im 17. und 18. Jahrhundert eingestellt. Um die Gewänder vor Kriegen und Plünderungen zu schützen, versteckte man sie in der Marienkirche, teils wurden sie sogar in Nischen eingemauert, weshalb sie noch immer so gut erhalten sind. 1791 kamen bei Bauarbeiten einige Stücke zum Vorschein. Bei weiteren Suchaktionen wurden bis 1864 immer wieder Gewänder entdeckt. Viele hat man im 19. Jahrhundert an Privatsammler oder Museen verkauft. 1938 waren noch 541 der ursprünglich über 1000 Paramente der Danziger Marienkirche in Danzig erhalten.

Postkarte mit der Danziger Marienkirche
Lübecker Marienkirche, 1962

Von den Kriegswirren bis zur Gegenwart

Als die sowjetische Armee 1944 vor Danzig stand, beschloss Pfarrer Dr. Gerhard Gülzow, den viele Lübecker noch persönlich kennen, die kostbaren Paramente aus Danzig zu bringen, um sie vor möglichen Kriegseinwirkungen und Bomben zu schützen. Er schickte einen vollgepackten Wagen los. Einzelne Gewänder gab er außerdem vertrauenswürdigen Gemeindemitgliedern mit auf die Flucht nach Deutschland. Trotz der Kriegsstrapazen und begrenztem Gepäck nahmen die Familien einzelne Gewänder mit auf den Weg.

Die Danziger Kirchenleitung hatte sich aufgrund der guten Beziehungen von Lübeck und Danzig in Lübeck niedergelassen und sammelte nach dem Krieg die geretteten Paramente zusammen. Sie wurden in der Lübecker Marienkirche verwahrt und ab 1964 auch dort ausgestellt. Aus konservatorischen Gründen werden die Paramente, die sich im Eigentum der Union Evangelischer Kirchen in der Evangelischen Kirche Deutschlands (UEK in der EKD) befinden, seit 1990 als Dauerleihgabe im St. Annen-Museum verwahrt. Sie werden seit 2019 in wechselnder Auswahl in einem eigens dafür eingerichteten Raum der Dauerausstellung präsentiert.

Rund 200 der Objekte hatte man in einem Pfarramt in Thüringen verwahrt. Dort wurden sie 1949 beschlagnahmt und nach Danzig zurückgegeben. So wurde der Bestand getrennt und 183 Paramente befinden sich im Nationalmuseum in Danzig, wo sie immer wieder ausgestellt werden.

Welche Arten von Paramenten gibt es?

Kleidung und Gewänder

Als Untergewand trägt der Priester eine sogenannte Albe (von lat. albus - weiß). Es handelt sich um ein weißes, knöchellanges Gewand, das sich aus der römischen Tunika entwickelt hat. Die Albe wird in der Taille durch eine Kordel, die man Cingulum nennt, gehalten.

Auf der Albe liegt ein weißes, rechteckiges Schultertuch, der Amikt, auf. Am oberen Rand ist der Amikt mit einem Zierstreifen geschmückt, der wie ein Kragen über dem Halsausschnitt der Kasel liegt, so dass die Alltagskleidung der Priester verdeckt wird.

Stola aus dem Danziger Paramentenschatz, Köln (?), 1. Hälfte 15. Jahrhundert, Inv. Nr. M 130, Dauerleihgabe der Union Evangelischer Kirchen in der EKD (UEK), Hannover, Foto: Walter Haberland

Die Stola wird von Bischöfen, Priestern und Diakonen auf der Albe, dem weißen Untergewand, unterhalb des Obergewands getragen. Bei der Stola handelt es sich um einen langen Stoffstreifen. Nach unten hin wird die Stola leicht breiter. Der Stoff wird um den Hals gelegt und symbolisiert die Annahme des religiösen Amts.

Die Dalmatika ist das Messgewand des Diakons. An hohen Festtagen kann der Bischof während der Messe zusätzlich eine Dalmatik unter der Kasel tragen. Die Form der Dalmatik entspricht der einer Tunicella, die Ärmel sind bei beiden gerade geschnitten. Die Tunicella ist das liturgische Gewand des Subdiakons und hat meist etwas schmaler geschnittene Ärmel als die Dalmatik.

Dalmatika aus dem Danziger Paramentenschatz, Seidensamt: 3. Viertel 15. Jahrhundert, Inv. Nr. M 125, Dauerleihgabe der Union Evangelischer Kirchen in der EKD (UEK), Hannover
Kasel aus roter Seide mit Blüten und Tieren aus dem Danziger Paramentenschatz (Rückseite), Italien, Ende 14./Anfang 15. Jahrhundert, Inv. Nr. M 47, Dauerleihgabe der Union Evangelischer Kirchen in der EKD (UEK), Hannover

Die Kasel ist das Obergewand, das der Priester oder Bischof bei der Messe über der Albe trägt. Ursprünglich verhüllte die Kasel (lat. casula = das Häuschen) glockenförmig den ganzen Körper. Vorne wurde sie allerdings, anders als der Chormantel, mit einer Naht verschlossen. Im Laufe der Jahrhunderte wurde die Form an den Ärmeln und auch in der Länge immer kürzer, um dem Träger mehr Bewegungsfreiheit zu ermöglichen. Während man von der "Glockenkasel" im Mittelalter spricht, war im 17. Jahrhundert die "Bassgeigenform" erreicht.

Der Manipel war im Mittelalter Teil des liturgischen Gewands von Priestern und Diakonen. Er bestand aus einem gefütterten, rechteckigen Stoffstreifen und wurde während der Liturgie über den linken Arm gelegt getragen.

Manipel aus dem Danziger Paramentenschatz, Seide: Italien, spätes 14. Jahrhundert, Inv. Nr. M 169, Dauerleihgabe der Union Evangelischer Kirchen in der EKD (UEK), Hannover, Foto: Walter Haberland
Chormantel aus dem Danziger Paramentenschatz, Seide, Kettsamt: Italien, 1400-1450, Seiden-, Goldstickerei: Böhmen (Prag?), um 1410-20, Inv. Nr. M 24, Dauerleihgabe der Union Evangelischer Kirchen in der EKD (UEK), Hannover, Foto: Walter Haberland

Der Chormantel, auch Pluviale genannt, gehört mit seiner üppigen Halbkreisform zu den kostbarsten Gewändern eines Ornats. Er wird von Priestern und Bischöfen bei besonders feierlichen Anlässen, wie Prozessionen und Segnungen getragen. Der Chormantel wird über die Schultern gelegt und vor der Brust verschlossen. Neben der repräsentativen Funktion diente er auch dem Schutz vor Regen. So erinnern häufig Chormantelschilde auf der Rückseite der Gewänder an die Kapuze, die diese Gewänder ursprünglich hatten. 

Weitere Arten kirchlicher Textilien

Neben der Kleidung und den Gewändern zählen auch andere Textilien, die beim Gottesdienst Verwendung finden, zu den Paramenten. Man nennt sie die Paramente des Altars. Bei den Paramenten des Altars handelt es sich beispielsweise um Altardecken, die als Auflagen auf dem Altar benutzt wurden, Antependien, die die Vorderseite des Altars bekleiden, oder Kelchtücher, die man zur Reinigung des liturgischen Geräts verwendete.

Des Weiteren gibt es Paramente mit besonderen Funktionen, wie Handtücher zum Trocknen der Hände nach der Handwaschung, Lesepultdecken oder kleine Taschen und Kästchen, die man mit wertvollen Stoffen gestaltet hat.

  • Tasche oder Almosenbeutel, Norddeutschland, 15. Jahrhundert, Inv. Nr. M 369, Dauerleihgabe der Union Evangelischer Kirchen in der EKD (UEK), Hannover. Taschen dieser Art gehörten nicht unbedingt zur Ausstattung einer Kirche. Doch auch profane Gegenstände gelangten in kirchlichen Besitz, wenn sie wie diese farbige Tasche aufwendig gestaltet waren. Foto: Walter Haberland
  • Hostiendose, Seide: Italien (?), 15. Jahrhundert, M 383a, Dauerleihgabe der Union Evangelischer Kirchen in der EKD (UEK), Hannover. Abschnitte, wie sie etwa bei der Herstellung der Gewänder anfielen, wurden verwendet, um kleinere Gegenstände wie Kästchen und Dosen auszuschmücken. Hostiendosen, in denen mit der Hostie der Leib Christi aufbewahrt wurde, wurden besonders aufwendig gestaltet, damit die Form unmittelbar mit der Kostbarkeit des Inhalts übereinstimmte. Foto: Walter Haberland
  • Corporale-Kästchen, Italien, 2. Hälfte 15. Jahrhundert, Inv. Nr. M 376, Dauerleihgabe der Union Evangelischer Kirchen in der EKD (UEK), Hannover. Das Corporale aus weißem Leinen wurde bei der Messfeier auf den Altar gelegt. Es gehört daher zu den Altarparamenten. Da es mit wichtigem liturgischem Gerät wie dem Kelch oder den Hostien in Berührung kam, erforderte der Umgang mit ihm besondere Sorgfalt. Es wurde daher in aufwendig gestalteten Taschen oder Kästchen, wie hier zu sehen, aufbewahrt. Foto: Walter Haberland
  • Antependium aus dem Danziger Paramentenschatz, Seidensamt: Italien, 1. Hälfte 15. Jahrhundert, Inv. Nr. M 287, Dauerleihgabe der Union Evangelischer Kirchen in der EKD (UEK), Hannover, Foto: Walter Haberland
  • Messhandtuch (?) aus dem Danziger Paramentenschatz, Norddeutschland, 15. Jahrhundert, Inv. Nr. M 324, Dauerleihgabe der Union Evangelischer Kirchen in der EKD (UEK), Hannover, Foto: Walter Haberland
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Was bedeuten die Farben der Paramente?

Im frühen Mittelalter bestand keine Farbregelung bei der Verwendung liturgischer Gewänder. Um 1200 legte Papst Innozenz III. den Kanon der Farben auf Weiß, Rot, Schwarz und Grün fest. Nach dem Konzil von Trient kam 1570 mit Violett eine fünfte Farbe hinzu. Die Farben entsprechen den Festen des Kirchenjahres.

Weiß - für Christus und Marienfeste, Allerheiligen

Rot - für das Pfingstfest, die Passion und die Märtyrerfeste

Schwarz - für Buß- und Fastentzeiten

Violett - für das Feste der unschuldigen Kinder und den Sonntag Laetare

Grün - für die festlosen Tage

Das strenge Farbschema wurde nur selten eingehalten. Die ausgestellten Paramente zeigen, dass die Kostbarkeit der Stoffe als vorrangig betrachtet wurde.

Einblicke in den Ausstellungsraum
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Die Digital Story wurde auf Grundlage der Texte aus dem Katalog von Birgitt Borkopp-Restle "Der Schatz der Marienkirche zu Danzig. Liturgische Gewänder und textile Objekte aus dem späten Mittelalter", erschienen 2019 im Didymos-Verlag, erstellt. Für die Zusendung der Fotografien bedanken wir uns bei der Autorin, der Union Evangelischer Kirchen sowie Jörg Linowitzki vom Haus Hansestadt Danzig in Lübeck. Die Restaurierungsarbeiten und Gestaltung der Ausstellung konnten dank der Unterstützung der Possehl-Stiftung und der Wessel-Stiftungen umgesetzt werden.

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