Schreiben des Maler- und Glaseramtes
an den Lübecker Rat vom 2. August 1577
In einem Schreiben aus dem Jahr 1577 beschwert sich das Lübecker Maleramt über die Beauftragung eines fremden Malers, der – sinngemäß – „nicht zu uns gehört, auch nicht hier wohnt, mal ein Landstreicher, mal ein Goldschmied und ein andermal ein Maler ist”. Dieser Konkurrent füge dem Amt nicht nur Hohn und Spott bei, sondern nehme ihnen auch „das Brot aus dem Mund”.
Tatsächlich geht es bei diesem Konflikt um die Fertigung des Rahmens für das importierte Gemälde Die Auferweckung des Lazarus des venezianischen Malers Jacopo Tintoretto (1518/19–1594) in der Katharinenkirche. Die Bedenken, dass es durch die billigere Arbeit 'unzünftiger' Maler dem Amt an Aufträgen mangelt und ihr Ruf durch nicht eingehaltene Qualitätsstandards nachhaltig beschädigt wird, kommt in diesem Schreiben deutlich zum Ausdruck.
2 Augusti A°J77
Den Erbarenn Hochgelartenn vnnd
Hochwysenn Hern Burgermeistere vnnd
Radt der Stadt Lübeck Vnsern
grodtgunstigen gebenden leuen Hern
1577
Erbare Hochgelarte unnd Hochweise grottguns-
tige gebedende leue Hern, Negst unserer Vn-
derthenigenn gehorsamenn und ganz willigen
Diensterbiedunge, konnen Juwer Erb. Hochw.
wy Clagende thouormelden nicht underlaten,
wo dat twe Borgere alhier Als Thomas
Gvde und Clauß de Hane, nu willens sint
einn Epitavium in taffelwerck zu Sanct
Catharinenn Kercken alhir upthohangenn
uund derweile dan vmb datsulue E p i t a v i u m
an der Murenn dar idt hangen schal, gemalet
schal werdenn, so hebben de beiden Thomas
Gude und Clauß de Hane tho demsuluenn mal-
wercke ahn der Muhren einenn frombdenn
man bestellet, de alhir nicht tho huß höret,
ock hir nicht wohnet, besonder ein Land-
loper und ein mal ein goldschmidt, dat ander
mal ein Maler iß, und sick vielerlei Ampte
und döndes vndersteit, welcher dat malwerck
vmb dat E p i t h a v i u m hir an der Muhren
Anstrichen und malen schall. Wan dann
grodtgunstige Hern solchs unserm Ampte, und
Rollen, so unsern vorfahren, und uns dann
Juwer Erb. Hochw. mildichlich vnnd gunstich-
lichenn Confirmirt, vnnd bestedigt sint wordenn,
ock J. Erb. Hochw. darauuer vthgangenenn
Mandaten
Mandaten nicht allein tho weddern, besondern ock
vnserm gantzen Ampt vnnd brodern dorch solche
und dergeliken Landtstricker und bönhasenn
der albereits (godt beters.) mehr dan genoch
alhier in dieser Stadt sint, vnd vnß, vnd
vnserm Ampte tho verkleinung, Hoen vnnd
spot alhir arbeidenn, dat brodt vht dem munde
genhomenn werdt. Also wenn solchem dorch
J. Erb. Hochw. gunstiges Jnsehent nicht
gewheret worde, wy in vnserm Ampte tho
Bedelers werden mosten, Thodenn idt
ock ahn deme iß, dat desulue frombde gast,
sick mit sinem gesellen herinner tho fliehen
gedenckt, dat he also hernacher hir bliuen
und vnserm Ampte schaden dhon mogte.
Gelangt derwegenn an J. Erb. Hochw.
als unsere gunstige leue Ouerkeit, vnser
vndertenige vnd hochflitige bitt, die wol-
len uns als J. Erb. Hochw. under-
thane und begere die J. Erb. Hochw.
allen vnderthenigen gehorsam tho leisten
schuldig sint, ock gern dhon, ock bethertho
gehorsamlich vnsers vermogens gedan
hebbenn, by vnser Rullen vnd Ampts
gerechtigkeit gunstichlich beschutten unnd
handthauenn, darmit solche Landtstrickers
vnß
vnß in vnserm Ampte vnd Arbeit kein Jn-
paß dohn mogenn, Dan wy sint des er-
bodigk, dat wy solch malwerck, welckes
bethertho vnser Ampte je vnd alle wege ge-
dann hefft, by dem E p i t ha v i u m an der
Muhrenn, den beiden Borgern, vmb ein bi-
lliges jo so woll maken und fertigen laten
willenn, als ein frembder nicht dohn khan,
Dan wie die in vnserm Ampte hebben die
idt jo so kunstrich maken scholen als ein
ander, Vnnd J. Erb. Hochw. sick in
deme jegen uns gunstig erthogen wolden,
dat sint umb J. Erb. Hochw. wy in allem
vnderthenigenn gehorsam hinwidder tho
vordienen ganß willig vnnd unuor
drathenn Datum
J. Erb. Hochw.
Underthenige und
gehorsame Borgere
Die Olderlude vnnd
Ampt der Maler
vnnd Glaser alhier
tho Lübeck
Transkription des Briefes nach:
Linde, H. /Hasse, P.: Über das Bild des J. Tintoretto. die Auferweckung des Lzarus. Bisher in der St. Katharinenkirche, seit Mai 1893 im Museum, in: Vierzehnter Jahresbericht des Vereins von Kunstfreunden in Lübeck. vereinsjahr 1893-94, Lübeck 1984, S. 5-12, hier S. 6-7.